Unser Nervensystem will idealerweise immer wachsen. So wie Kinder, die von ihrer Mutter weg gehen, die Welt voller Aufregung erkunden und dann schnell wieder zur Mutter zurück laufen und sich dort entspannen können. Mit jedem Mal wird der Kreis größer. Das Nervensystem wächst genauso, wir gehen an eine Grenze und entspannen uns danach wieder. Es gibt sogenannte ideale (Kapazitäts-)Schwellen, die sich leicht unangenehm anfühlen, aber nicht überfordernd. Durch das Erreichen dieser Schwellen und das anschließende Entspannen, lernt unser Nervensystem Neues dazu. Und was vorher herausfordernd war, ist es dann nicht mehr.

Vielleicht erinnerst du dich auch an etwas, das dich früher überforderte und jetzt kein Problem mehr darstellt. Du hast zum einen gelernt damit umzugehen und zum anderen weiß dein Nervensystem die Intensität der Nervenimpulse nun besser zu händeln.

Bei Trauma ist die Intensität einer Erfahrung so groß, dass sie nicht integriert werden kann. Sie ist zu weit von der nächsten Lernschwelle entfernt. Unser Körper versucht aber ständig, auch die traumatische Erfahrung zu integrieren. Er bindet dadurch entweder Energie, ist gestresst oder kapselt diese Erfahrung noch zusätzlich ab, um sich zu schützen. In der Arbeit mit Trauma ist es deswegen wichtig nicht wieder die Erfahrung von Überforderung zu machen.

Wie du deine Kapazität erhöhen kannst

Stell dir einen Raum vor, der voller Gerümpel ist. Alles ist verdreckt und du kannst so nicht die Schätze unter dem Schmutz erkennen. Wenn du ständig in diesem Raum bist, wirst du überfordert sein. Diese Überforderung bewirkt, dass du nicht anfangen kannst aufzuräumen (Erinnerungen zu integrieren). Deswegen kann es wichtig sein, erst mal zu lernen, den Raum zu verlassen und die restlichen Zimmer und den Garten, die alle zu einem gehören, zu erkunden. Das bedeutet es, zu lernen, mehr Zeit im Raum deiner Kapazitäten zu verbringen. Wenn du dann bereit bist, kannst du dir ein Stück raus nehmen – idealerweise nicht das größte Stück, sondern etwas kleines. Dieses Stück kannst du dir dann ansehen, es reinigen, schauen, wo es hingehört, welchen Teil es von dir zeigt, oder was auch immer es braucht, um es zu integrieren. Dadurch wird deine (absolute) Kapazität größer und es fällt dir leichter im Bereich der Kapazität zu sein. Das hilft dir dann, das nächstgrößere Stück zu integrieren. Auf diese Weise bist du nie überfordert und der Weg kann reich an verschiedenen, auch freudvollen, Erfahrungen für dich sein.